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Geschichtliches

Eine kurze Chronik der evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Kirche zu Geinsheim

Der aus vorreformatorischer Zeit stammende Vorgängerbau unserer heutigen Kirche stand bis zu seinem Abriss im Jahre 1885 direkt neben dem historischen Pfarrhaus (erbaut 1738) in der Kirchgasse. Diese Kirche war 11 m lang und 7,55 m breit, der Turm 26,60 m hoch. Als sie zu klein und zudem auch baufällig wurde – immerhin zählte Geinsheim im Jahr 1882 bereits 957 Seelen – beschloss man im Jahre 1882 eine neue Kirche an einem neuen Ort zu errichten. Hier bot sich das nicht weit entfernte Gelände am Hallenbaum an, das näher an der Ortsmitte und zudem auch direkt an der durch den Ort führenden Landstraße lag.

Die Grundsteinlegung der neuen evangelisch-lutherischen Kirche erfolgte am 30. Mai 1882 im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes. Mit der Planung und Durchführung des Kirchenbaus war der Kirchenbaumeister Heinrich Schmidt aus Wien betraut worden, der zur gleichen Zeit auch mit dem Ausbau der Katharinenkirche in Oppenheim beschäftigt war. Über allem wachte, zusammen mit dem Kirchenvorstand, der damalige evangelische Ortspfarrer Ludwig Göhrs, der von 1876 bis 1890 in Geinsheim tätig war.

Über den Beginn der Bauarbeiten heißt es: »Nachdem am 8ten April die Männerarbeit, an hiesigem Kirchbau, dem Maurermeister Krummeck von Oppenheim als Wenigstfordernden übertragen worden war, begann derselbe sogleich nach den Feiertagen am 11., und schon nach Verlauf von 4 Tagen waren die Fundamentmauern am Chor 1 1/2 Meter, und an den Längsseiten 2 bis 3 Meter hoch, bis dicht unter die Erdoberfläche heraufgearbeitet. Am 17. war man mit Ausschachten des Turmplatzes beschäftigt; und begann am 18. das Einrammen der Pfähle …«

Insgesamt mussten im Turmfundament 60 Eichenpfähle (mit jeweils 3 m Länge und 80 cm Umfang) in den Boden gerammt werden, sollte dem Kirchturm nicht das gleiche Schicksal zuteil werden wie dem nicht umsonst so genannten schiefen Turm von Pisa. Erst dann konnte mit dem Bau des auf 47 Meter Höhe geplanten Kirchturms begonnen werden.

Als Baumaterial für Turm und Kirche diente der so genannte Oppenheimer Kalkstein. Die Bauarbeiten kamen im Laufe des Jahres 1882 mit erstaunlicher Schnelligkeit voran, sodass bereits Ende des Jahres die Turm- und Kirchenmauern errichtet und auch die Dacharbeiten weitgehend abgeschlossen waren.

Zu diesem Zeitpunkt brach eine Katastrophe über das Land und Leute herein. Am 28. November 1882 hatte der Rhein den höchsten Stand des Jahrhunderts erreicht, am 29. Dezember brachen schließlich die Dämme. Eine Hochwassermarke datiert vom 3. Januar 1883 an einer Stützmauer des Chorbereiches erinnert noch heute an dieses Jahrhunderthochwasser, das weite Teile des Ortes und des umliegenden Landes überflutete.

Da jedoch das Wasser die Höhe des Fußbodens der Kirche nicht erreichen konnte, blieb das Kirchenschiff trocken – und wurde damit zur Arche Noah. Denn man kam auf eine gute und lebensrettende Idee: das Vieh, das sonst im Wasser gestanden hätte, wurde in die Kirche getrieben und blieb daher unversehrt. Welches Kirchenschiff kann schon von sich behaupten, es der Arche Noah gleich getan zu haben?

Am 11. Oktober 1883 konnte schließlich die neue evangelisch-lutherische Kirche in Anwesenheit seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs eingeweiht werden. Etwas mehr als zweieinhalb Jahre später, am 28. Mai 1886, erfolgte, wiederum im festlichen Rahmen, die Weihe der neuen Orgel, die mit 14 Registern und 3 Koppelzügen ausgestattet war. Erbaut hatte sie der königliche Hof-Orgelbaumeister Wilhelm Sauer aus Frankfurt / Oder.

Und die Baukosten? Veranschlagt waren ursprünglich um die 60.000 Mark, am Ende musste der 1½-fache Betrag aufgebracht werden. Wie es damals bei Kirchenbauten üblich war, wurden die Erstellungskosten geteilt. Für das Kirchenschiff war die Kirchengemeinde, für den Kirchturm die Zivilgemeinde zuständig, da der Kirchturm auch überkirchengemeindliche Aufgaben erfüllte. Damit gehörte der Kirchturm auch zum Besitz der Zivilgemeinde, während das Kirchenschiff Eigentum der Kirchengemeinde war. Erst 1959 wurde der Kirchturm per Schenkungsvertrag der Evangelischen Kirchengemeinde Geinsheim übertragen, mit Ausnahme der Uhr. Sie kam erst 1960 in den Besitz der Kirchengemeinde.

In große Gefahr geriet unsere Kirche in den letzten Kriegstagen 1945, als sie vom Rhein her unter Beschuss geriet und vor allem im Dach- und Turmbereich schwer beschädigt wurde. Das durch das beschädigte Dach eindringende Regenwasser zerstörte in der Folgezeit die Orgel so nachhaltig, dass diese abgebrochen und später durch eine kleinere Orgel ersetzt werden musste. Es sollte 11 Jahre dauern, bis schließlich 1956 die Kirche wieder für die Gläubigen geöffnet werden konnte.

Ein Wort zu den Glocken: Auch sie überstanden die beiden Weltkriege nicht unbeschadet. Hatte man bereits im 1. Weltkrieg fast alle Kirchenglocken als Rohstoff für die Waffenproduktion aus dem Glockenturm geholt und diese dann nach dem Krieg wieder ersetzt, geschah dasselbe noch einmal im 2. Weltkrieg. Das jetzige Geläut (drei große und eine kleine Glocke) konnte erst im Jahre 1958 wieder feierlich eingeweiht werden.

Von 1984 bis 1988 wurde das Kirchenschiff aufwändig saniert. In diesem Zusammenhang wurde auch die ursprüngliche Deckenkonstruktion wiederhergestellt, die in Folge der Kriegsschäden durch eine einfachere Kassettendecke ersetzt worden war.

Eine ebenfalls aufwändige Kirchturmsanierung erfolgte 2003. Auch hier gaben die in den Nachkriegsjahren ausgeführten und nun schadhaften Ausbesserungen von Kriegsschäden den Anlass zu einer umfassenden Sanierung des Mauerwerkes.

Wir sagen Danke:
Wir als Evangelische Kirchengemeinde Geinsheim sind sehr froh darüber, dass wir mithilfe der durchgeführten Sanierungen den Erhalt unserer Kirche für die Zukunft sichern konnten. Unser besonderer Dank gilt dem Darmstädter Architekten Hansjürgen Westermeyer, der die Sanierungen seit 1984 betreut hat, sowie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, die uns mit Rat und Tat (und auch mit viel Geld) unterstützt hat.

Unser Dank gilt auch den vielen Menschen, die sich durch ihr Engagement über die Jahrzehnte hinweg für unsere Kirche eingesetzt haben, sowie den vielen Menschen, die unsere Kirche durch ihren Glauben mit Leben füllen.

Ein besonderer Dank gilt Peter Bätjer, der sich seit 2003 durch sein Projekt ‚3D-Kirche’ um die Dokumentation und Darstellung unserer Kirche verdient gemacht hat.


© Evangelische Kirchengemeinde Geinsheim
Pfarrer Markus Paul Gärtner
April 2007
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